Sonntag, 9. März 2014

Rezension: Die Bücherdiebin von Markus Zusak





Autor: Markus Zusak
Originaltitel: The Book Thief
Verlag: Blanvalet
Erschienen: 27. Februar 2008
ISBN: 978-3-4423-7395-6
Taschenbuch: 588 Seiten; 9,95€
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Über die Macht der Worte
Wundervoll, poetisch, mitreißend!











"Selbst der Tod hat ein Herz …

1939, Nazideutschland. Liesel lebt bei Pflegeeltern in der Himmelstraße in Molching. Sie sieht die Juden nach Dachau ziehen. Sie erlebt die Bombennächte über München. Und überlebt: weil der Tod sie in sein Herz geschlossen hat. Sie – und die Menschen aus der Himmelstraße.


Molching bei München. Hans und Rosa Hubermann nehmen die kleine Liesel Meminger bei sich auf – für eine bescheidene Beihilfe, die ihnen die ersten Kriegsjahre kaum erträglicher macht. Für Liesel jedoch bricht eine Zeit voller Hoffnung, voll schieren Glücks an – in dem Augenblick, als sie zu stehlen beginnt. Anfangs ist es nur ein Buch, das im Schnee liegen geblieben ist. Dann eines, das sie aus dem Feuer rettet.


Eine Diebin zu beherbergen, wäre halb so wild, sind die Zeiten doch ohnehin barbarischer denn je. Doch eines Tages betritt ein jüdischer Faustkämpfer die Küche der Hubermanns …"

 



"Ein paar Minuten lang suchte er nach den richtigen Worten. Als er sie fand, stand er auf, um sie weiterzugeben." (S. 224)

Worum es geht:
Die Macht der Worte.

Ja, dies ist eine der zahlreichen Geschichten, die während des Zweiten Weltkriegs spielen.
Aber der Zweite Weltkrieg ist in diesem Buch nicht der Hauptdarsteller, er ist noch nicht einmal der Nebendarsteller. Er ist eher die Kulisse, die die Handlung umrahmt und ihr hin und wieder ein paar Brocken unvorhersehbarer Ereignisse, Fremdbestimmung und vollendete Tatsachen vor die Füße wirft.

Wer also einen Überblick über das Leben in Deutschland/Bayern während des Weltkrieges bekommen will, sich Einblick in Widerstand oder andere übergreifende oder geschichtlich bedeutsame Ereignisse verhofft, der ist hier ganz sicher falsch. Hier geht es "nur" um ein kleines Mädchen, und ihren Kampf gegen einen Gegner, der zwar nicht vor Ort, aber trotzdem jederzeit präsent ist. Dieser Gegner macht sich die Worte zu eigen und missbraucht sie auf übelste Weise. Er sucht die giftigsten heraus und pflanzt sie in die Köpfe der deutsche Bürger.
Ihm zum Opfer fallen z.B. Liesels leibliche Eltern.
Ihm entkommen kann z.B. der Jude Max.

Einfühlsam erzählt Zusak aus der Sicht des ebenso einfühlsam erzählenden Tods die Geschichte eines Mädchens, das Bücher und Worte für sich entdeckt in einer Zeit, die Worte missbraucht und Bücher verbrennt. Mit ihrem besten Freund Rudi erlebt Liesel Meminger viele Abenteuer und gewinnt die Stärke, die sie früher oder später in den Wirren des zweiten Weltkrieges brauchen wird. Rosa und Hans Hubermann übernehmen als ihre Pflegeeltern eine wichtige Rolle in der Entwicklung des kleinen Mädchens.
Der Leser schaut ihr zu, wie sie Lesen lernt, erwachsen wird, einem Juden eine Wolke schenkt, den Führer zu hassen beginnt und entdeckt, dass Liebe und Zivilcorage in keiner Zeit bedeutsamer waren als jetzt.

Zusak beschreibt die Charaktere lebensnah und liebenswert.
Der Tod fesselt den Leser an das Buch, indem er mit kleinen Einschüben erklärt, vorwegnimmt und vor allem: andeutet was das Zeug hält. Er schreibt und erzählt als würde er vor uns am Kamin sitzen und bei knisterndem Feuer eine ebenso vor Spannung knisternde Geschichte erzählen. Ich wollte ihm mehrmals ins Wort fallen, ihm Fragen stellen oder bitten ein oder zehn Personen vor ihrem Schicksal zu bewahren, ihr Ende umzuschreiben.

Einzigartigkeit von Stil und Sprache:
Der Tod unterbricht im Prolog häufig den Textfluss durch kleine Einschübe oder Bemerkungen. Wen das am Anfang abschreckt, den kann ich beruhigen: sehr bald schon freut man sich über jeden Einschub, sie sind nicht mehr so häufig und gefallen mehr als dass sie stören.
Die Sprache ist außergewöhnlich bildreich und ein einziges Fest der Worte - eine Ode an die Schönheit der Sprache! Wie z. B. bei folgendem Zitat:

"[...] Das Flugzeug hustete noch. Rauch drang aus seiner Lunge.
Als es abstürzte, hinterließ es drei tiefe Furchen in der Erde. Seine Flügel waren nur mehr abgesägte Arme. Nie wieder durch die Lüfte gleiten. Auch das Leben des Flugzeugs war zu Ende." (S. 16)

Der Tod beschreibt, wie ein Pilot mit seinem Flugzeug abstürzt und stirbt.
Zusak beschreibt allerdings so, dass der Leser nicht weiß, ob hier das Flugzeug, der Pilot oder beide gemeint sind. Der Leser weiß nur: das war Absicht!
Wunderschön poetisch♥

Zum Autor:
Markus Zusak lebt in Australien stellte bereits mit "Der Joker" einem mehrfach ausgezeichnetes Buch, indem es um Zivilcorage geht, sein Talent spielerisch, leichtfüßig und poetisch die Herzen der Leser zu erobern unter Beweis.

Trailer zur Verfilmung:






Mit einer einzigartigen Sprachgewalt schreibt Markus Zusak über die Macht der Worte und ein Mädchen, das selbst den Tod durch ihre Herzlichkeit und ihren Mut in den Bann ziehen konnte. Ein absolutes Lese- und Sprachhighlight!
5/5 Schmetterlingen

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